Marathon der Leselust
30 Jahre "Märkische Leselust": Hans-Jochen Röhrig, der Begründer der Reihe, erinnert sich. Zum Jubiläum gibt’s Fontane.
Schon als Kind war ich ein begeisterter Bücherwurm und in der Schulzeit ein erfolgreicher Laienspieler und Gedichte-Vortragender. Dann folgte die Bewerbung an der Leipziger Schauspielschule, zunächst ohne Erfolg, und ich ließ mich zum Bibliothekar ausbilden. Ich hatte aber immer noch Hunger auf den Schauspielerberuf und wurde endlich auch zum Studium angenommen. Nach Engagements in Leipzig und Plauen kam ich 1979 nach Potsdam. Neben den zahllosen Bühnen- und Filmrollen entstand vor über 30 Jahren die Idee eigener Lesungen.
Während meiner Ausbildung war ich mit diversen Leseveranstaltungen in Berührung gekommen, in denen Bibliothekare über ein Buch berichteten, dann ein Stück daraus lasen, weiter die Handlung erzählten usw. Schon damals erschien es mir interessanter, zunächst in das Buch einzuführen und dann eine geschlossene Kurzfassung des Ganzen zu bringen. Der Durchbruch in dieser Richtung gelang mir 1994, als Erwin Strittmatter starb. Er war am Montag gestorben, für den darauffolgenden Sonntag erarbeitete ich eine Lesung für eine Kollegin, eine Pianistin und mich. Hundert Zuschauer kamen, und die „Märkische Leselust“ nahm Gestalt an, mit jedem Monat mehr. Ich lernte bald, dass man nicht länger als 90 Minuten sein darf und der Einsatz von Tontechnik sehr von Nutzen ist. Für „Doktor Murks gesammeltes Schweigen“ haben wir die Stimme eines Rundfunksprechers (auf Art von Marcel Reich-Ranicki) vorab produziert. Während sie abgespielt wurde, konnte ich mich mit normaler Stimme mit mir selbst unterhalten.
Auch Musik hatte nicht nur begleitende Funktion, um die Situation zu untermalen, sondern sie griff selbst handelnd ein, zum Beispiel bei „Reineke Fuchs“, wenn Goethe den wütenden Kampf zwischen Reineke und Isegrim schildert. Die Sprecher überließen diese Beschreibung dem mitwirkenden Schlagwerk. Es wurde und wird auch viel gesungen: Küchenlieder, Lieder aus den Zwanzigern und Gespensterlieder. Auch mit Komplikationen mussten wir umgehen: Bei der letzten Lesung der Fontane- Reihe 2019 („Der Stechlin“) hinderte mich ein starker Husten immer wieder am Weiterlesen. Zum Glück war der Einführungsredner vom Fontane-Archiv so vertraut mit dem Text, dass er sofort souverän übernahm.
Kann man für einen so dicken Roman wie den „Stechlin“ eine Leseauswahl treffen? Ja, wir haben längere Gespräche umschifft und uns vor allem auf die komischen Figuren konzentriert. Eine solche ist Dubslav von Stechlins Schwester Adelheid, die oft zu Wort kam, etwa wenn sie ihrem Neffen eine mögliche Braut ans Herz legt: „Heirate heimisch und heirate lutherisch. Und nicht nach Geld. Geld erniedrigt.“ – „Geld erniedrigt. Das kenn ich“, dachte Woldemar ... „In der Mark ist alles Geldfrage. Geld – weil keins da ist.“
Die umfangreiche Arbeit an den Matineen hätte ich nicht durchhalten können, wenn meine jeweiligen Theaterpartner, die Schauspielkolleginnen und -kollegen, Musikerinnen und Musiker und viele andere mehr nicht so wunderbar mitgemacht hätten. Ihnen allen bin ich zu großem Dank verpflichtet.
Während meiner Ausbildung war ich mit diversen Leseveranstaltungen in Berührung gekommen, in denen Bibliothekare über ein Buch berichteten, dann ein Stück daraus lasen, weiter die Handlung erzählten usw. Schon damals erschien es mir interessanter, zunächst in das Buch einzuführen und dann eine geschlossene Kurzfassung des Ganzen zu bringen. Der Durchbruch in dieser Richtung gelang mir 1994, als Erwin Strittmatter starb. Er war am Montag gestorben, für den darauffolgenden Sonntag erarbeitete ich eine Lesung für eine Kollegin, eine Pianistin und mich. Hundert Zuschauer kamen, und die „Märkische Leselust“ nahm Gestalt an, mit jedem Monat mehr. Ich lernte bald, dass man nicht länger als 90 Minuten sein darf und der Einsatz von Tontechnik sehr von Nutzen ist. Für „Doktor Murks gesammeltes Schweigen“ haben wir die Stimme eines Rundfunksprechers (auf Art von Marcel Reich-Ranicki) vorab produziert. Während sie abgespielt wurde, konnte ich mich mit normaler Stimme mit mir selbst unterhalten.
Auch Musik hatte nicht nur begleitende Funktion, um die Situation zu untermalen, sondern sie griff selbst handelnd ein, zum Beispiel bei „Reineke Fuchs“, wenn Goethe den wütenden Kampf zwischen Reineke und Isegrim schildert. Die Sprecher überließen diese Beschreibung dem mitwirkenden Schlagwerk. Es wurde und wird auch viel gesungen: Küchenlieder, Lieder aus den Zwanzigern und Gespensterlieder. Auch mit Komplikationen mussten wir umgehen: Bei der letzten Lesung der Fontane- Reihe 2019 („Der Stechlin“) hinderte mich ein starker Husten immer wieder am Weiterlesen. Zum Glück war der Einführungsredner vom Fontane-Archiv so vertraut mit dem Text, dass er sofort souverän übernahm.
Kann man für einen so dicken Roman wie den „Stechlin“ eine Leseauswahl treffen? Ja, wir haben längere Gespräche umschifft und uns vor allem auf die komischen Figuren konzentriert. Eine solche ist Dubslav von Stechlins Schwester Adelheid, die oft zu Wort kam, etwa wenn sie ihrem Neffen eine mögliche Braut ans Herz legt: „Heirate heimisch und heirate lutherisch. Und nicht nach Geld. Geld erniedrigt.“ – „Geld erniedrigt. Das kenn ich“, dachte Woldemar ... „In der Mark ist alles Geldfrage. Geld – weil keins da ist.“
Die umfangreiche Arbeit an den Matineen hätte ich nicht durchhalten können, wenn meine jeweiligen Theaterpartner, die Schauspielkolleginnen und -kollegen, Musikerinnen und Musiker und viele andere mehr nicht so wunderbar mitgemacht hätten. Ihnen allen bin ich zu großem Dank verpflichtet.