Widerstand als Lebenselixier
Katja Zinsmeister sucht auf der Bühne nach Wahrhaftigkeit und Leichtigkeit. In Falladas "Jeder stirbt für sich allein" spielt sie eine Frau im Widerstand gegen das Hitler-Regime.
Ihr Großvater wollte eigentlich Opernsänger werden. Durfte er aber nicht. Seiner Frau erschien die Theaterwelt zu dubios. „Trotzdem gibt es in meiner ziemlich bürgerlichen Familie eine heimliche Leidenschaft für das Theater“, sagt Katja Zinsmeister, die seit August 2018 zum neuen Potsdamer Ensemble gehört und zuvor am Theater Aachen engagiert war.
Aufgewachsen ist sie in Fellbach bei Stuttgart. Als sie in der Schultheatergruppe das Gretchen aus Goethes „Urfaust“ sein durfte, war sie so überwältigt, dass sie beschloss, Schauspielerin zu werden. Ihre Freunde reagierten überrascht: „Du bist doch gar nicht so extrovertiert.“ So wird sie auch heute noch manchmal gesehen. Das Geheimnis des Schauspielens liegt für sie aber gerade nicht im Äußerlichen. Auf der Bühne sucht sie vielmehr nach Wahrhaftigkeit, nach dem konkreten, direkten Ton.
Anfang der Neunziger ging Zinsmeister nach Berlin. „Das war eine fantastische Zeit, total in der Schwebe.“ Sie spielte Theater und genoss die anarchische Freiheit der Berliner Subkultur. Nebenbei jobbte sie in der Altenpflege. Dann bestand sie die Aufnahmeprüfung an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ und studierte dort von 1996 bis 2000. Bei ihrem Erstengagement am Theater Bremen betrat sie die Bühne anfangs oft mit dem Gedanken: „Okay, mal sehen, ob ich das überlebe.“ Doch dann begriff sie, dass es darum geht, die Angst produktiv zu machen und in positive Energie zu verwandeln. Und dass dies in einen Zustand großer Freiheit münden kann. Die Bereitschaft der Schauspieler*innen, das Risiko zu suchen, löse auch im Publikum etwas aus, davon ist sie überzeugt.
So wie 2006 am Berliner HAU, wo sie in „Schwarze Jungfrauen“ mitwirkte. Die Inszenierung, die deutschlandweit für Furore sorgte, erzählte von jungen Frauen, die Kopftuch tragen, deren Geschichten aber den üblichen Klischees komplett entgegenstanden. „Die Zuschauer waren extrem irritiert und sind sofort miteinander ins Gespräch gekommen. Da habe ich das erste Mal gespürt, welch starke gesellschaftliche Relevanz Theater haben kann.“
Danach strebt sie auch in ihrer neuesten Rolle: In „Jeder stirbt für sich allein“ nach dem Roman von Hans Fallada spielt sie die Anna Quangel. „Schon auf der ersten Probe habe ich begonnen, diese Figur sehr zu lieben“, erzählt Katja Zinsmeister. „Es beeindruckt mich, wie diese einfache Arbeiterfrau den Mut aufbringt, gemeinsam mit ihrem Mann gegen den übermächtigen Nazistaat anzukämpfen. Und wie ihr in Routine erstarrter Alltag gerade dadurch wieder aufblüht. Der Widerstand ist für die beiden zum Lebenselixier geworden.“
Falladas Roman hält Zinsmeister für verblüffend aktuell. Sie hat den Eindruck, er lege sich wie eine Folie über unsere Gegenwart. Trotz des ernsten Themas sucht sie auf den Proben nach einer gewissen Leichtigkeit. „Denn auch das Ehepaar Quangel hat ja das Niederdrückende der Angst hinter sich gelassen und einen Zustand der Freiheit erlangt.“
Christopher Hanf
Aufgewachsen ist sie in Fellbach bei Stuttgart. Als sie in der Schultheatergruppe das Gretchen aus Goethes „Urfaust“ sein durfte, war sie so überwältigt, dass sie beschloss, Schauspielerin zu werden. Ihre Freunde reagierten überrascht: „Du bist doch gar nicht so extrovertiert.“ So wird sie auch heute noch manchmal gesehen. Das Geheimnis des Schauspielens liegt für sie aber gerade nicht im Äußerlichen. Auf der Bühne sucht sie vielmehr nach Wahrhaftigkeit, nach dem konkreten, direkten Ton.
Anfang der Neunziger ging Zinsmeister nach Berlin. „Das war eine fantastische Zeit, total in der Schwebe.“ Sie spielte Theater und genoss die anarchische Freiheit der Berliner Subkultur. Nebenbei jobbte sie in der Altenpflege. Dann bestand sie die Aufnahmeprüfung an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ und studierte dort von 1996 bis 2000. Bei ihrem Erstengagement am Theater Bremen betrat sie die Bühne anfangs oft mit dem Gedanken: „Okay, mal sehen, ob ich das überlebe.“ Doch dann begriff sie, dass es darum geht, die Angst produktiv zu machen und in positive Energie zu verwandeln. Und dass dies in einen Zustand großer Freiheit münden kann. Die Bereitschaft der Schauspieler*innen, das Risiko zu suchen, löse auch im Publikum etwas aus, davon ist sie überzeugt.
So wie 2006 am Berliner HAU, wo sie in „Schwarze Jungfrauen“ mitwirkte. Die Inszenierung, die deutschlandweit für Furore sorgte, erzählte von jungen Frauen, die Kopftuch tragen, deren Geschichten aber den üblichen Klischees komplett entgegenstanden. „Die Zuschauer waren extrem irritiert und sind sofort miteinander ins Gespräch gekommen. Da habe ich das erste Mal gespürt, welch starke gesellschaftliche Relevanz Theater haben kann.“
Danach strebt sie auch in ihrer neuesten Rolle: In „Jeder stirbt für sich allein“ nach dem Roman von Hans Fallada spielt sie die Anna Quangel. „Schon auf der ersten Probe habe ich begonnen, diese Figur sehr zu lieben“, erzählt Katja Zinsmeister. „Es beeindruckt mich, wie diese einfache Arbeiterfrau den Mut aufbringt, gemeinsam mit ihrem Mann gegen den übermächtigen Nazistaat anzukämpfen. Und wie ihr in Routine erstarrter Alltag gerade dadurch wieder aufblüht. Der Widerstand ist für die beiden zum Lebenselixier geworden.“
Falladas Roman hält Zinsmeister für verblüffend aktuell. Sie hat den Eindruck, er lege sich wie eine Folie über unsere Gegenwart. Trotz des ernsten Themas sucht sie auf den Proben nach einer gewissen Leichtigkeit. „Denn auch das Ehepaar Quangel hat ja das Niederdrückende der Angst hinter sich gelassen und einen Zustand der Freiheit erlangt.“
Christopher Hanf
veröffentlicht in ZUGABE MAGAZIN 02-2019