BLUTBUCH

nach dem Roman von Kim de L’Horizon
Was ist das: Ich? Wo fängt es an, wo hört es auf? Die Erzählperson Kim fühlt sich fremd in ihrem Körper angesichts einer Welt, die nach eindeutigen Zuordnungen verlangt und Menschen in strikter Zweiteilung entweder als Mann oder Frau kategorisiert. Doch was ist mit allen, die nicht hineinpassen in diese Schemata? Die Erzählperson versucht, die Leere in ihrer Mitte durch exzessiven Sex anzufüllen. Als ihre demenzerkrankte Großmutter im Vergessen zu versinken droht, begibt sich Kim auf Spurensuche tief hinein in die Vergangenheit der eigenen Familiengeschichte. Zum Vorschein kommt ein wild wucherndes Wurzelwerk aus Erinnerungsbildern. Es geht um die Hass-Liebe zur Großmutter, das schwierige Verhältnis zur Mutter, um Scham, Traumata, Sehnsüchte, Tabus und Kindheitsmonster. In kreisförmigen Suchbewegungen fördert Kim Verdrängtes, Vergessenes und Verbotenes zutage und stößt auf immer wiederkehrende Formen männlicher Gewalt und Unterdrückung. In diesem Prozess entsteht ein neues, fragiles, fluides Ich – ein Ich, das sich nicht durch Muster patriarchaler Männlichkeit definiert, sondern Grenzen einzuschmelzen und Abgetrenntes zu verbinden vermag.

Kim de L’Horizons mit dem Deutschen und Schweizer Literaturpreis prämierter, furioser Roman ist eine schonungslos radikale Selbstbefragung, eine poetisch-körperliche, rauschhaftmagische wie feinfühlige Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln und den herrschenden Machtverhältnissen. Der heute so umstrittene, heftig diskutierte Begriff „Identität“ erscheint hier in einem besonderen Licht – schillernd wie durch ein Prisma gebrochen.
REGIE Kieran Joel BÜHNE UND KOSTÜME Barbara Lenartz VIDEO Leo Landsberg MUSIK Caroline Kox + Antonio de Luca DRAMATURGIE Christopher Hanf
PREMIERE 17-JAN-2025 / REITHALLE